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Grün im Angesicht der Elemente - Eine Seereise vor 300 Jahren


Ein Segelschiff, das gegen die Wellen kämpft
Grün im Angesicht der Elemente - Eine Seereise vor 300 Jahren

© Foto: Simone Gütte aus dem Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven


Die Wellen peitschten über das Verdeck, erfassten alles, was nicht niet- und nagelfest war und schleuderten es umher wie Spielzeugpuppen. Vom Wind getrieben, tanzte das Segelschiffchen auf den Wogen wie ein Strohhalm.


In der Kajüte kauerten sich die Passagiere zusammen. Schon seit Stunden drangen ihre würgenden Geräusche hinauf an Deck. Ab und zu krabbelten grüngesichtige Menschen durch die Luke an die frische Luft, atmeten, würgten erneut und übergaben die teuer gekauften Speisen schließlich über die Reling. Ja, die Seekrankheit erwischte die meisten Helgolandreisenden.


Dabei hatte die Fahrt im prächtigem Sonnenschein begonnen! Die Segel des Schiffes hatten sich unternehmungslustig gebläht bei dem gut stehenden Wind, bunte Wimpelketten flatterten an den Masten und die Reisegesellschaft lachte ausgelassen und erwartungsfroh.


Erst der Hafen, dann die Küste verschwanden aus ihrem Blickfeld, bis nur noch dunkelgrüne Wellenberge um das Segelschiff schwappten, an seinem Rumpf leckten und es wieder ausspuckten.


Doch plötzlich wehte der Wind von vorn, trieb das Schiff zurück, packte es von den Seiten. Verloren wie ein Holzspan im keifenden Meer, versuchte es, den Elementen standzuhalten. Über den Reiselustigen spannte sich ein endlos bewölkter Himmel, unterm Schiffsrumpf knarzten und schmatzten die Wellen. Je weiter sie das Festland hinter sich ließen und auf die offene See hinaus segelten, legten sie ihr Leben in die Hände des Kapitäns und der Besatzung.


Zielstrebig, als gäbe es keine launischen Winde und aufbrausenden Wellen, steuerte der Kapitän den rot aufragenden Fleck inmitten der grünen Fluten an. Sein Ausruf »Lun uun Sech!«, löste ein allseits lächelndes Aufatmen bei den Seekranken aus. Endlich rückten die würfelförmigen Häuser, die helle Treppe und die Feuerbake in ihr Sichtfeld. Spielende Kinder stürzten sich fröhlich johlend in die über den Strand rollenden Wellen. Zur Erleichterung aller ging das Schiff auf Reede vor Anker.


Wer zur damaligen Zeit deät Lun besuchte, musste sich auf wenigstens fünf bis sechs Stunden Seefahrt einstellen, um die zehn Meilen ab Cuxhaven zu bewältigen. In Wahrheit konnte niemand die tatsächliche Dauer der Überfahrt vorhersagen. Drehende Winde oder aufkommende Stürme machten sich ein Spiel daraus, die Fahrt zu verzögern. Nicht selten lag Helgoland in Reichweite, aber die Schiffe mussten trotzdem umkehren, um den sicheren Cuxhavener Hafen zu erreichen, manche sogar bis zu dreimal. Clever war es also, wenn der Reiselustige sich von vornherein auf eine mehrtägige Überfahrt einstellte und einen ordentlichen Vorrat an Proviant mitnahm.


Man kann sich also vorstellen, dass wir nicht oft Besuch von Fremden bekamen.


Waren die Reisenden erst einmal auf der Insel angelandet, entschädigte sie ein wundervoller Blick von den Klippen für die erlittenen Strapazen. Der besänftigende Anblick des azurblauen Himmels befreite die Neuankömmlinge von den letzten Resten der Seekrankheit. Nun verlor das Meer seine Macht, nagte zwar am Land, konnte aber den Besuchern nichts mehr anhaben. Strahlend gelbe und orangerote Sonnenauf- und -untergänge berührten die Herzen. Grotten, Schluchten und Felsbögen, die das unermüdlich rhythmische Wasser in die Klippen geschlagen hatte, schenkten Demut vor der gewaltigen Schöpfung.


Nie hält die Wut des Meeres lange an. Bei ruhigem Wasser fahren die Fischer zum Fang hinaus aufs Meer. Wie dunkle Tupfen umrunden sie die Insel und bezeugen die friedliche Seite des nassen Elements.


Nachdem alle wieder rosig im Gesicht sind und somit die Seefahrt hoffentlich gut überstanden haben, begeben wir uns jetzt auf Erkundungstour über die Insel.


Stürmische Grüße - Gesa



Quellen:

© »Helgoland Eine deutsche Kulturgeschichte«, Eckhard Wallmann, Verlag Koehler

© »Helgoland Das Reise- und Lesebuch für die Insel«, Wendula Dahle (Hg.) Edition Temmen

© Sprache Halunder, Projektleiter Prof. Nils Århammar, Projektmitarbeiterin drs. Ritva Århammar

Zitate und Eigennamen kursiv


Text ohne KI: © Simone Gütte

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